Der Agrarsektor ist seit geraumer Zeit in der öffentlichen Diskussion: Hungersnöte in weiten Teilen der Welt, steigende Nahrungsmittelpreise, Nutzungskampf mit Bioenergie und Spekulation mit Rohstoffen sind die Hauptstichwörter.
Welche Rolle spielt der Agrarsektor für die deutsche Wirtschaft? Womit müssen Verbraucher und Privatanleger rechnen? Um die Bedeutung der Land- und Ernährungswirtschaft angemessen einordnen zu können, kommt man um einige statistische Zahlen nicht herum.
Agrarsektor in Deutschland
Auf den ersten Blick scheint die Landwirtschaft in Deutschland nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen: Der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt seit Jahren etwa 1 Prozent. Rechnet man jedoch zu der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei auch die vor- und nachgelagerten Produktions- und Vertriebsbereiche hinzu, so ergibt sich ein anderes Bild.
Der Agrarsektor im weiteren Sinne erwirtschaftete im Jahre 2011 Güter und Dienstleistungen von knapp 400 Milliarden Euro, also mehr als 15 Prozent des BIP. Dies zeigt, dass etwa Bäckereien, Fleischereien und Molkereien sowie der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten den Löwenanteil am Agrarsektor ausmachen, während immer weniger Höfe in der (Ur-)Produktion tätig sind.
Deutschland führt mehr landwirtschaftliche Erzeugnisse ein als es ausführt. Eine Prognose für die deutsche Agrarwirtschaft erfordert einen Überblick über die weltweite landwirtschaftliche Produktion.
Agrarerzeugnisse in globalem Maßstab
Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO steigt die landwirtschaftliche Produktion pro Kopf weltweit seit Jahren. Allerdings geht die Entwicklung an den ärmeren Ländern vorbei: Sie leiden unter der Kündigung internationaler Kredite und der Einschränkung von Entwicklungshilfe, mit der fatalen Folge, dass staatliche Ausgaben für Bildung und Gesundheit zugunsten von Nahrungsmittelkäufen reduziert werden. Gleichzeitig gehen die Investitionen in den Agrarsektor zurück, was mittel- und langfristig in die Armutsfalle führt. Von dieser katastrophalen Entwicklung sind besonders weite Teile Asiens und Afrikas betroffen.
Neben lang anhaltenden Dürreperioden zeichnet die zunehmende Nutzung landwirtschaftlicher Anbauflächen für Energiepflanzen zur Herstellung von Biosprit für steigende Lebensmittelpreise verantwortlich. So wird zum Beispiel in den USA mehr als ein Drittel der Maisproduktion für Biokraftstoffe nutzbar gemacht. Andere Industrieländer ziehen mit dem zunehmend energiezweckbestimmten Anbau von Ölpflanzen, Getreide und Zuckerrüben nach.
Entwicklungstendenzen in Deutschland
Auch in Deutschland nimmt die Erzeugung von Kraftstoffen aus Biomasse zu. Mehr als ein Achtel der 2,2 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche wird zur Energiegewinnung genutzt – Tendenz steigend. Dies geht zu Lasten der Produktion von Grundnahrungsmitteln. Zugleich schrumpft die zur Fleischerzeugung notwendige Tierhaltung von Rindern und insbesondere Schweinen. Im Jahre 2011 schlossen knapp 5 Prozent aller Betriebe mit Rindern und Schweinen ihre Pforten. Die Preise für Futtermittel wie Heu und Rüben steigen zweistellig, so dass sich die Tierhaltung vielerorts nicht mehr rechnet – ein Teufelskreis!
Schlussfolgerungen für Verbraucher und Anleger
In Deutschland ist auf lange Sicht mit einem Anstieg der noch vergleichsweise niedrigen Lebensmittelpreise zu rechnen. Daran ändert auch die Zunahme ökologisch orientierter (Klein-)Betriebe nichts. Im Zusammenhang mit der Neuausrichtung der europäischen Subventionspolitik hin zur Förderung nach Betriebsflächen und -zielen verstärkt sich der Trend zu höherpreisigen Produkten.
Anleger, die sich an Agrarfonds beteiligen, sehen sich mit dem Vorwurf der spekulativen Verteuerung der Nahrungsmittel konfrontiert. Die Vorhaltung ist zumindest dann nicht gerechtfertigt, wenn nicht mit Nahrungsmitteln spekuliert wird, sondern ausschließlich Beteiligungen an Unternehmen erfolgen.
Im Gegenteil: Unternehmen, die effizient und kostengünstig agrarwirtschaftliche Produkte erzeugen und verarbeiten, benötigen laufend hinreichend Eigenkapital, eben auch in Form von Aktienemissionen. Insofern liegt die Beteiligung an derartigen Unternehmen im Interesse der Entwicklungsländer. Abzuraten ist hingegen von so genannten alternativen Investmentfonds, die oft unter dem Deckmantel ökologischer und ethischer Ausrichtung vertrieben werden.
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Eine Antwort auf „Bedeutung der Landwirtschaft für die deutsche Wirtschaft“
Wie man jetzt im August lesen konnte, hat die deutsche Landwirtschaft in diesem Sommer deutliche Überschüsse erzielt, die sie exportiert hat und in Länder importiert, die zur Zeit Schwierigkeiten wegen des Klimas haben.