Kategorien
Geldanlage

Deutschlands Mittelschicht schrumpft, die soziale Stabilität leidet

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat eine Studie durchgeführt, mit einem erstaunlichen und divergenten Ergebnis, das für sozialen Sprengstoff sorgen könnte.

Der Wohlstand der Deutschen wächst auch weiterhin, so die gute Nachricht. Davon profitiert aber nur noch eine kleine Gruppe der Deutschen, die Mittelschicht insgesamt gerät aber immer mehr unter Druck, sie schrumpft sogar. Doch was hat das für Auswirkungen?

Was ist die Mittelschicht?

Als Mittelschicht wird in der Studie des DIW die Bevölkerungsgruppe bezeichnet, die 70 bis 150 Prozent des Einkommens erzielt, dass als Medianeinkommen bezeichnet wird. Das Medieneinkommen bezeichnet das Einkommen, dass die Bevölkerung in zwei gleich große Hälften teilt – eine Hälfte hat ein niedriges Einkommen, die andere Hälfte der Bevölkerung verfügt über ein höheres Einkommen.

2010 betrug das Medieneinkommen beispielsweise 19.400 Euro jährlich, somit gehörten Singles mit einem monatlichen Einkommen von 1130 bis 2420 Euro zur Mittelschicht, ebenso wie Familien mit zwei minderjährigen Kindern, die über ein Einkommen von 2370 bis 5080 Euro pro Monat verfügten.

Die Mittelschicht schrumpft

Um etwa 5,5 Millionen ist die Mittelschicht Deutschlands seit 1997 geschrumpft – so die Studie der DIW. Ihren Tiefpunkt erreichte die Schrumpfung im Jahre 2010. In Zahlen ausgedrückt heißt das: von 65 Prozent auf 58,5 beziehungsweise von 52,8 Millionen Menschen auf 47,3 Millionen. Ursache dieser Entwicklung sei die Zunahme von Single- und Ein-Eltern-Haushalten sowie die Zuwanderung bildungsferner Menschen, die über ein geringes Einkommen verfügen und kaum Ersparnisse besitzen. Aber auch die Senkung des Spitzensteuersatzes sowie die ungenügende Angleichung der Sozialleistungen an die reale Inflation trägt zum schrumpfen der Mittelschicht bei.

Ebenso wenig wird eine soziale Durchmischung der Gesellschaft gefördert, beispielsweise durch den Aufstieg von Geringverdienern in die Mittelschicht. Das ist nur wenigen Menschen möglich. Wer jedoch eine gute Ausbildung hat, der bekommt eher die Chance in höhere Positionen und damit aus der Mittelschicht aufzusteigen. So gelang es 11 Prozent der Mittelschicht aufzusteigen.

Das führt dazu, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet, die Chancengleichheit nimmt immer weiter ab. Dieses Phänomen wird zwar in fast allen Industrieländern beobachtet, allerdings schreitet der Vorgang in Deutschland mit einem überdurchschnittlichen Tempo voran.

Die Folgen der schrumpfenden Mittelschicht

Die Mittelschicht ist im wortwörtlichen Sinne die Mitte der Gesellschaft, sie stabilisiert Demokratien. Schon im antiken Griechenland sagte Aristoteles, dass die Mittelschicht am ehesten auf die Vernunft hört, die Armen nicht ausbeutet sowie die Reichen nicht um deren Wohlstand beneidet. Das sorgt für Stabilität. Gerät ein Teil der Mittelschicht aber in Bedrängnis, reagiert sie radikal, was oft zu einer politischen Instabilität führt.

So spielte bei der Entstehung des Nationalsozialismus die Wirtschaftskrise der späten 20er Jahre des 20. Jahrhunderts und die so bedrohte Mittelschicht ein Rolle. Ein weiteres Beispiel ist in Frankreich in der Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts zu finden: Der Poujadismus (nach dem Namensgeber Pierre Poujade, der die „Union zur Verteidigung der Händler und Handwerker“ gründete). Diese Strömung wiederum wurde zum Vorbild für die rechtspopulistische Front National. Die Beispiele aus der Geschichte belegen: Politiker sollten pfleglich mit der Mitte umgehen, statt ihr immer größere Lasten aufzubürden.

Denn Auch jetzt ist die die Sorge vor drohender Armut ist wieder in der Mittelschicht angekommen. Im Jahre 2007 hatte immerhin ein Viertel der Mittelschicht Angst vor Armut. Auch wenn nur sehr wenige Bezieher von Leistungen zur Grundsicherung, also Harzt VI, vorher gut verdienten und seit wenigen Jahre eine Trendwende stattfindet, so ist die Angst doch nicht komplett gewichen. Denn auch heute ist eine gute Ausbildung noch lange keine Garantie für ein Leben in Wohlstand.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.